Es kann jeden treffen: Eine Depression verändert alles

Solange man mitten im Leben steht, mag man sich nicht mit Krankheiten befassen. Man will als leistungsfähig und somit anerkannt gelten. Man versucht, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden, zu halten oder zu verbessern. Da kommt es einfach nicht gut an, sich seiner eventuellen Einschränkungen zu bekennen. Nein, da wird lieber verborgen und kaschiert, was das Zeug hält. Niemand darf wissen, wie es in mir aussieht. Niemand darf wissen, dass mir das Wasser manchmal schon bis zum Hals steht. Die Tage, an denen ich mich einsam fühle, bleiben ebenso ein gut gehütetes Geheimnis wie die Tage, an denen mir mein Leben regelrecht sinnlos vorkommt. Tagein tagaus zu Arbeit, abends müde, das Wochenende viel zu kurz, der Urlaub viel zu kurz und die Zeit bis zur Rente noch viel zu lang. Aber all dies darf niemand wissen, denn das würde mich womöglich meine Attraktivität kosten.

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
  • Haig, Matt (Autor)
  • 304 Seiten - 18.03.2016 (Veröffentlichungsdatum) - dtv Verlagsgesellschaft (Herausgeber)

Volkskrankheit Depression

Etwa vier Millionen Menschen leiden in Deutschland unter Depressionen. Die Dunkelziffer liegt schätzungsweise doppelt so hoch. Für etwa 10.000 Menschen endet die Depression tödlich, Jahr für Jahr. Diese Zahl ist etwa dreimal höher als die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland. Es gibt kaum einen Menschen, der nicht wenigstens mittelbar mit der Depression Bekanntschaft gemacht hat, durch Betroffene in der Familie, im Freundeskreis, unter den Kollegen oder im Verein. Die Depression ist angekommen in der Gesellschaft. Sie legt ihren Finger mitten in die Wunde. Und egal wann immer sie an unsere Tür klopft, kommt sie zum unrechten Zeitpunkt. Sie kommt wie der Tod, sie überrascht uns, sie erwischt uns kalt. Auch wenn Außenstehende da vielleicht schon lange etwas vermuten, bleibt dem Betroffenen selbst diese Erkenntnis zumeist verborgen. Wir leben unser Leben, auch wenn es uns nicht gut tut, so wie wir es immer taten. Wir gehen an unsere Grenzen und nicht selten auch darüber hinweg. Irgendwann ist es dann soweit.

Ich bin depressiv – Was nun?

Was aber können wir tun, wenn die Katastrophe tatsächlich herein bricht? In aller Regel macht sich da große Hilflosigkeit breit. Hilflosigkeit ist auch genau eines der Gefühle, das die Depression ausmacht. Kein Wunder also, das dieses Gefühl von ihr ausgeht. Wer an Depressionen erkrankt, sollte sich umgehend um Hilfe bemühen. Die Depression ist inzwischen gut behandelbar. Es gibt moderne Medikamente, die nicht mehr abhängig machen und gut wirksame Therapien. Wichtig ist es, rechtzeitig zum Arzt zu gehen. Eine verschleppte Depression kann leicht chronisch werden und ist dann nicht mehr so ohne weiteres heilbar. Auch fällt es dem Betroffenen mit fortschreitender Erkrankung zunehmend schwerer, sich selbst Hilfe zu organisieren. Es fehlt ihm an Motivation und Kraft. Das ist ein Grundübel dieser Erkrankung. Depressiven wird oft nachgesagt, dass sie einfach nicht wollen. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Aufgrund ihrer Erkrankung können sie nicht wollen.

Es gibt Hilfe

Auch Selbsthilfegruppen- und Medien leisten gute Dienste bei der Bewältigung der Depression und ihrer Folgen. Es gibt sie in vielen Orten Deutschlands. Einschlägige Foren oder Gruppen bei Facebook können helfen, nicht völlig in der Isolation zu verschwinden. Auf jeden Fall sollte eine echte Depression immer fachärztlich behandelt werden, denn unbehandelt verläuft diese Erkrankung nicht selten tödlich. Ich möchte allen Menschen Mut machen, sich der Thematik Depression anzunehmen und offen mit ihr umzugehen. Vielfach wird die Depression nämlich durch Scham noch verstärkt. Die Depression ist aber nichts, wofür man sich schämen muss. Sie hat nichts mit Schwäche oder Faulheit zu tun. Sie ist eine Erkrankung wie eine Grippe oder ein Diabetes. Und man kann die Depression heilen, zumindest kann man sie so gut behandeln, dass die Betroffenen wieder am Leben teilnehmen können. In dem Blog Depressionen verstehen erzählt Benno Blues als selbst Betroffener aus seinem Leben und gibt Tipps und Ratschläge für ebenfalls Betroffene, deren Angehörige und Interessierte.

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