Die Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird das Thema „betriebsbedingte Kündigung“ für viele Arbeitnehmer akut. Unternehmen versuchen in bedrängter Lage verstärkt, sich durch Personalabbau zu sanieren. Doch nach Belieben kündigen geht nicht – dem schiebt das Kündigungsschutzgesetz einen Riegel vor. Und wenn schon betriebsbedingte Kündigung, dann muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen.

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Sozialauswahl bedeutet: bei Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen und muss dafür bestimmte, nachvollziehbare Kriterien zugrunde legen. Rechtsgrundlage bildet § 1 Abs. 3 KSchG. Findet keine oder keine ausreichende Sozialauswahl statt, gilt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses als sozial ungerechtfertigt und ist unwirksam.

Kündigung Arbeitsvertrag – vier Kriterien für die Sozialauswahl

Das Kündigungsschutzgesetz definiert vier Kriterien, die bei der Sozialauswahl zu berücksichtigen sind: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter, bestehende Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung. Das größte Risiko der Kündigung haben demnach Arbeitnehmer,

  • deren Arbeitsverhältnis erst kurz besteht,
  • die noch jung sind,
  • die nicht für Angehörige zu sorgen haben,
  • die keine Schwerbehinderung aufweisen.

Vergleichsweise sicher vor Kündigung können länger Beschäftigte, ältere Mitarbeiter, Arbeitnehmer mit Familie sowie schwerbehinderte Arbeitnehmer sein. Eine Beschäftigungsgarantie ist das natürlich nicht. Denn ein Unternehmen kann so sehr in Schieflage geraten, dass auch solche Arbeitnehmer von betriebsbedingten Kündigungen betroffen sind.

Besonders wertvolle Mitarbeiter ausgenommen

Ausnahmen gibt es auch: der Arbeitgeber darf Arbeitnehmer von der Sozialauswahl ausnehmen, deren Weiterbeschäftigung „im berechtigten betrieblichen Interesse liegt“. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff lässt Interpretations- und Gestaltungsspielräume offen. Das Gesetz gibt zwar Hinweise, indem es die besonderen Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen solcher Mitarbeiter oder ihren Beitrag zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur aufführt, die eine Ausnahme rechtfertigen. Trotzdem: eindeutig ist die Regelung nicht. Immerhin ist der Arbeitgeber im Zweifelsfall in der Beweispflicht, warum er bestimmte Arbeitnehmer von der Auswahl ausgenommen hat.

Vorgehensweise bei der Sozialauswahl

Wie der Arbeitgeber bei der Auswahl vorzugehen hat, ist im Gesetz auch nicht näher geregelt. In der Praxis und auf der Grundlage der Rechtsprechung hat sich dafür aber eine bestimmte Vorgehensweise etabliert, die allgemeiner Standard ist.

Grundsätzlich kommt das Auswahlverfahren ausschließlich für Arbeitnehmer in Betracht, für die das Kündigungsschutzgesetz gilt. Dies ist nur bei Beschäftigungsverhältnissen der Fall, die länger als sechs Monate bestehen. Bei Arbeitnehmern, die sich noch in der Probezeit befinden, muss die Sozialauswahl nicht berücksichtigt werden. Sie dürfen ohne besondere Begründung gekündigt werden. Das Verfahren ist auch nicht anwendbar auf andere als betriebsbedingte Kündigungen, zum Beispiel nicht auf verhaltensbedingte Kündigungen eines Arbeitsvertrags.

Im ersten Schritt des Auswahlverfahrens wird eine Gruppe von Mitarbeitern gebildet, für die eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht kommt (Vergleichsgruppe). Es muss sich um Mitarbeiter auf der gleichen Hierarchie-Ebene mit gleichen Aufgaben handeln. Der zweite Schritt besteht in der eigentlichen Auswahl. Dabei kommen die oben genannten Kriterien zur Anwendung – ggf. in einem Punkteverfahren mit Gewichtungen. Die Kündigungen erfolgen entsprechend dem Punkte-Ranking.

Wie die Methodik und die Gewichtung ist, überlässt das Gesetz dem Arbeitgeber. Die Rechtsprechung hat zur Relevanz der einzelnen Kriterien im Verhältnis zueinander bisher keine eindeutige Position bezogen. Oft wird das Auswahlverfahren in Betriebsvereinbarungen geregelt. Willkür ist jedenfalls ausgeschlossen. Gekündigte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Begründung, warum die Wahl gerade auf sie gefallen ist.

Bild: Bigstockphoto.com / tommaso79

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