Frust, Geschrei und Tränen – Kita-Eingewöhnung abbrechen?

Eine kleine Anekdote zum Einstieg: Eine Mutter berichtete über den Versuch der Kindergarten-Eingewöhnung ihres dreijährigen Sohns. Eine Regel hatten sie vereinbart – der Schnuller darf nicht in den Kindergarten. Also wanderte er aus Juniors Mund in die Brusttasche von Mamas Jeansjacke. Gleich hinter der Kita-Tür ging das Geschrei los.

Kita-Koller am ersten Tag? Nein – nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, wurde die unbestechliche Logik klar: Der Schnuller darf nicht in den Kindergarten, auch nicht in Mamas Jacke. Also zurück zum Auto, Schnuller deponieren, und der erste Kita-Tag konnte stressfrei beginnen.

Eingewöhnung kann lange dauern

So leicht sind die Probleme mit der neuen Umgebung leider oft nicht zu lösen. Es gibt viele Methoden, die den Übertritt in die neue Lebensphase erleichtern sollen. Bekannt ist das Berliner Vier-Phasen-Modell.

  • Grundphase: Während der ersten Tage nimmt der Neuankömmling nur für ein oder zwei Stunden an Aktivitäten teil. Du gehst zwar mit in die Gruppe, musst aber der Versuchung widerstehen, dich aktiv einzubringen. Du bist nur zur Beruhigung und für einen gelegentlichen Blickkontakt da, und natürlich für den Notfall eines plötzlichen Einsamkeitsanfall.
  • Trennungsphase: Jetzt wird es ernst – du sagst „tschüss“ und verschwindest. Nur für eine halbe Stunde, selbst wenn alles gut geht. Natürlich bleibst du in der Nähe, damit man dich gegebenenfalls nach ein paar Minuten herzzerreißender Tränen hinzuholen kann. Dieser erste Test gibt dir einen guten Anhaltspunkt, wie kurz oder lang, wie einfach oder schwierig die Kindergarten-Eingewöhnung sein wird.
  • Stabilisierungsphase: Nach und nach wird die Trennungszeit verlängert. Du bleibst im Hintergrund, sonst haben Kind und Kita-Betreuer*in keine Chance, zueinander zu finden. Ein Abschiedsritual und ein vertrauter Gegenstand (Stofftier, Schmusedecke) sind in dieser Phase hilfreich. Prüfsteine sind etwa Mittagessen oder Mittagsschlaf ohne dich.
  • Schlussphase: Du bist zwar nicht mehr da, aber erreichbar und kannst kurzfristig erscheinen, falls Bedarf nach besonderem Trost besteht.

Im Normalfall ist das Phasenmodell nach etwa drei Wochen abgeschlossen. Das ist aber nur ein Richtwert. Manche Kinder fremdeln mehr als andere. Die wahrgenommene Änderung deiner Rolle von einer aktiven Betreuung zur passiven Beobachtung bereitet vielen Kita-Kindern Probleme. Wenn der Kita-Besuch nach mehr als sechs Wochen immer noch Stress für alle Beteiligten bedeutet, solltest du auf Ursachenforschung gehen.

Abbruch ist oft keine Alternative

Weinen auf dem Weg zur Kita und beim Abschied ist längst nicht das einzige Anzeichen dafür, dass die Eingewöhnung (noch) nicht funktioniert hat. Vielleicht berichten die Erzieher, dass dein Kind teilnahmslos dasitzt, nicht mit anderen spielt, offenbar traurig ist. In so einer Situation fühlst du dich vielleicht wie eine Rabenmutter (oder ein Rabenvater) und möchtest am liebsten die Kita-Eingewöhnung abbrechen.

Aber mal ehrlich – ist das überhaupt eine Alternative? Die Elternzeit endet, oder du hast deinem Arbeitgeber signalisiert, dass du in der Elternzeit ein paar Stunden arbeiten möchtest. So bleibst du in der Firma präsent. Und zusätzliches Geld in der Familienkasse ist sicher willkommen, denn dass Kinder teuer sind, ist dir wohl kaum entgangen.

Die gute Nachricht: In den meisten Fällen ist es nicht nötig, die Eingewöhnung abzubrechen. Fortdauernde Probleme haben in aller Regel eine Ursache. Ist sie gefunden, kannst du sie wahrscheinlich auch abstellen. Das kann etwas ganz Simples sein wie Schmerzen durch Zahnwachstum. Möglicherweise überträgst du unbewusst dein eigenes ungutes Gefühl bei der Trennung auf das Kind. Nutze die Eingewöhnung auch für dich selbst, übe Loslassen.

Ein Abbruch der Eingewöhnung ist nur anzuraten, wenn ein äußerer Umstand die Schwierigkeiten verursacht und nicht zu ändern ist, oder wenn du erhebliche Differenzen mit dem Kita-Personal hast. Das kann zum Beispiel ein ungünstiger Schichtplan der Betreuer sein oder die Anwendung von Zwang bei ohnehin schon verängstigten Kindern, den du nicht tolerieren möchtest.

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