Piercings – Körperschmuck für (fast) jedes Alter

Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Werkzeuggebrauch ist es nicht, auch nicht die Kriegsführung, denn sogar Angriffskriege lassen sich bei Affenhorden beobachten. Kunst ist dagegen etwas, das allein den Menschen auszeichnet. Das Verzieren des eigenen Körpers ist ein wesentlicher Bestandteil menschlicher Kultur und Ausdruck künstlerischen Schaffens. „Ötzi“, die berühmte Eismumie, hatte über fünfzig Tätowierungen.

Zwar spricht kaum jemand von einem Piercing, wenn wir bei indigenen Völkern Metalldraht, Holzpflöcke oder Knochen in Wange, Lippen und Zunge sehen. Dennoch sind diese Riten nichts anderes als Piercings unserer Gesellschaft, auch wenn die Motivation oft eine andere ist. Neben spirituellen Gründen gibt es praktische Zwecke wie die Kennzeichnung des Familienstands. Häufig ist der Beginn der Pubertät Anlass für zeremonielle Körperveränderungen. Das wirft die Frage auf: Wann ist das richtige Alter für Piercings?

Hygiene und Materialqualität beachten

Aus medizinischer Sicht ist nicht das Alter entscheidend. Natürlich sollte ein Piercing nicht dort eingesetzt werden, wo es dem Wachstum im Weg ist. Am wichtigsten sind hygienisch einwandfreie Bedingungen. Ansonsten besteht das Risiko einer Infektion, schlimmstenfalls mit Hepatitis B (wogegen die meisten jungen Menschen Impfschutz haben dürften) oder Hepatitis C (gegen die es keine Impfung gibt). Hochwertiges Edelmetall reduziert das Risiko allergischer Reaktionen. Bei Piercings im Mundbereich muss unbedingt auf eine sichere Befestigung geachtet werden. Lösen sich Teile, besteht die Gefahr des Verschluckens oder sogar des Einatmens.

Heilungszeiten bis zu einem Jahr

Bis der Gewebedurchstich verheilt ist, musst du besonders vorsichtig sein, damit die Stelle nicht einreißt. Die Heilungszeiten sind abhängig vom gepiercten Körperteil. Ohrläppchen und Zunge heilen üblicherweise in vier bis acht Wochen. Wesentlich länger dauert es bei Ohrknorpel, Nasenscheidewand und Bauchnabel – es kann bis zu einem Jahr vergehen. Bei älteren Menschen dauert die Heilung länger. Ein Höchstalter für Piercings gibt es aber nicht. Erlaubt ist, was gefällt. Wer zum Beispiel aus beruflichen Gründen kein Piercing haben darf, gönnt es sich vielleicht zur Feier des Rentenbeginns.

Selbstverpflichtung bei Jugendlichen

Rechtlich betrachtet gibt es für Piercings keine Altersuntergrenze. Um den Vertrag abschließen zu können, musst du geschäftsfähig sein. Voll geschäftsfähig bist du zwar erst ab 18, aber bei Kosten von meist unter 100 Euro für ein Piercing dürfte der Vertrag nach dem Taschengeldparagrafen wirksam sein. Etwas problematischer ist die strafrechtliche Seite. Das Piercing ist eine strafbare Körperverletzung. Allerdings bleibt der Verursacher straffrei, wenn der Verletzte eingewilligt hat – sonst würde sich jeder operierende Arzt strafbar machen. § 228 BGB sieht eine Strafbarkeit trotz Einwilligung vor, wenn die Körperverletzung gegen die guten Sitten verstößt. Das lässt den Gerichten weiten Entscheidungsspielraum: Kann ein Minderjähriger wirksam einer Körperverletzung zustimmen? Und verstößt das Piercen Jugendlicher gegen die guten Sitten?

Die wenigen Gerichtsentscheidungen, die es zu diesen Fragen gibt, stellen auf die Einsichtsfähigkeit des Jugendlichen ab. 2011 lehnte das Amtsgericht München Schadensersatzansprüche einer 17-Jährigen wegen eines Tattoos ab, das sie sich ohne Einwilligung der Eltern hatte stechen lassen. Sie war bereits berufstätig und stand kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Das Gericht betrachtete ihre ursprüngliche Einwilligung deshalb als wirksam.

Um sich ethisch sauber zu verhalten und mögliche Schadensersatzansprüche auszuschließen, verpflichten sich seriöse Piercer, entweder nur volljährige Personen zu behandeln oder bei Minderjährigen strenge Auflagen einzuhalten. Das kann zum Beispiel so aussehen:

  • Keine Piercings unter 14 Jahren.
  • Ab 14 bis unter 16 Jahren müssen beide Eltern schriftlich eingewilligt haben, ein Elternteil bzw. Erziehungsberechtigter muss beim Piercing anwesend sein.
  • Ab 16 Jahren bis zur Volljährigkeit reicht die Anwesenheit eines Erziehungsberechtigten.

Die Eltern müssen sich ausweisen können. Vor allem bei Patchwork-Familien mit unterschiedlichen Namen muss auch der Verwandtschaftsgrad belegt werden. Außerdem gibt es in der Regel Beschränkungen bezüglich der zu piercenden Körperteile, zum Beispiel Zunge erst ab 16, Intimpiercings erst ab 18.

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